Verlustarme Elektrobleche
Effiziente Erzeugung und Nutzung elektrischer Energie
Sowohl bei der Erzeugung als auch bei der Nutzung elektrischer Energie spielen elektrische Maschinen eine zentrale Rolle. Mit Ausnahme der Photovoltaik und der Brennstoffzellentechnik basiert die Stromerzeugung fast ausschließlich auf der Verwendung von Generatoren. Beim der Nutzung sind elektrische Antriebe für mehr als die Hälfte des Gesamtstromverbrauchs verantwortlich, wobei der Anteil am gewerblichen Stromverbauch sogar bei mehr als zwei Dritteln liegt (siehe Abbildung).
Technisch bedingt geht bei der in elektrischen Maschinen umgesetzten Wandlung von elektrischer in mechanische Energie (bzw. umgekehrt bei Generatoren) ein Teil der Leistung verloren. Grund dafür sind zum einen Reibungsverluste an den mechanischen Komponenten und durch den Lüfter sowie zum anderen die sogenannten Kupfer- und Eisenverluste, die auf elektrische Widerstände, Wirbelströme und Ummagnetisierungsverluste zurückzuführen sind. Diese Verluste zu reduzieren, ist eine der wesentlichen Aufgaben, denen sich die Hersteller elektrischer Maschinen zu widmen haben. Nachdem die vorhandenen Potenziale im konstruktiven Bereich bereits in den letzten Jahrzehnten weitestgehend ausgeschöpft wurden, stellen Verbesserungen des Eigenschaftsprofils der eingesetzten Materialien heute den wichtigsten Entwicklungsbereich dar, in dem noch wesentliche Verbesserungen realisierbar sind.
Aufgrund der enormen Bedeutung elektrischer Maschinen für die Energiegewinnung und Energienutzung, lassen sich bereits mit relativ kleinen Verbesserungen erhebliche Auswirkungen auf den gesamtvolkswirtschaftlichen Stromverbrauch und die Emission von CO2 und anderen klimaschädlichen Emissionen erreichen. So senkt bereits eine Erhöhung des Wirkungsgrades elektrischer Antriebe den jährlichen Energiebedarf in der Bundesrepublik Deutschland um 1.500 GWh und vermeidet so 850.000 t CO2-Ausstoß im Jahr.
Verminderung der Eisenverluste durch verbesserte Elektrobleche
Die insbesondere im Zusammenhang mit der Elektromobilität und dem Leichtbau angestrebten sehr hohen Leistungsdichten elektrischer Maschinen bedingen eine kompakte Bauweise und hohe Drehzahlen bzw. Frequenzen. Dies führt tendenziell zu einer Steigerung der Ummagnetisierungs- und Wirbelstromverluste, der auf geeignete Weise begegnet werden muss.
Geeignete Maßnahmen im Bereich der Elektrobleche sind:
- Verringerung der Blechdicken
Mit kleiner werdenden Blechdicken verringern sich die auftretenden Wirbelstromverluste innerhalb der Maschine. Begrenzt wird die Minimierung der Blechdicken durch die Verarbeitbarkeit der Werkstoffe sowie die angestrebte Korngröße. Die Herstellung dünner Bleche stellt erhöhte Anfor-derungen an den Herstellungsprozess, wobei insbesondere dem Warmbandprozess und der Er-reichung geringer Warmbanddicken große Bedeutung zukommt. Zusätzlich ist zu beachten, dass sich das Verhältnis zwischen magnetisierbarem Material (Elektroblech) und nicht-magnetisier-barem Material (z.B. Beschichtung) bei sehr kleinen Blechdicken ungünstig entwickelt, so dass deren positiver Effekt ab einem bestimmten Punkt relativiert wird. Von Sonderanwendungen ab-gesehen kommen heute im Volumenmarkt typischerweise Blechdicken von minimal 0,35 mm zum Einsatz. - Verwendung angepasster Legierungen
Insbesondere durch eine Steigerung des Siliziumgehaltes können Ummagnetisierungsverluste im Werkstoff vermindert werden. Andererseits erweisen sich hochsilizierte Elektrobleche aufgrund ihrer eingeschränkten Kaltumformbarkeit hinsichtlich der Herstellung und Verarbeitung als prob-lematisch. Auch hieraus ergeben sich erhöhte Anforderungen an den Herstellungs- und Verarbei-tungsprozess der Elektrobleche, so dass hochsilizierte Legierungen heute noch eher selten und hauptsächlich für Hochleistungsanwendungen eingesetzt werden. - Einstellung günstiger Mikrostruktureigenschaften
Sowohl die Korngröße als auch die Textur haben wesentlichen Einfluss auf die elektromagneti-schen, aber auch auf die mechanischen Eigenschaften des Elektrobleches. Sie beeinflussen da-bei sowohl die Verarbeitbarkeit und die Grenzen des Motorendesigns als auch die elektromagne-tischen Verluste. So ist bspw. eine grobkörnige Struktur zwar günstig in Hinsicht auf die Vermei-dung von Hystereseverlusten, wirkt sich jedoch ungünstig auf die Verarbeitbarkeit und die me-chanische Festigkeit aus, was zu einer negativen Gesamtbewertung beitragen kann. Hinsichtlich der Einstellung günstiger Texturen spielt der Warmbandprozess eine entscheidende Rolle. Da sich bisherige Untersuchungen fast ausschließlich mit der Textur im fertiggewalzten und geglüh-ten Zustand befasst haben, schließen Untersuchungen zur Texturentwicklung im Warmbandpro-zess eine wichtige Forschungslücke. - Verlustminderndes Motorendesign
Da die auftretenden elektromagnetischen Verluste neben den werkstoffspezifischen Eigenschaf-ten auch von den jeweiligen Betriebsbedingungen der Antriebsmaschine (Bauart, Drehzahlbereich, Leistungsklasse) abhängig sind, sind die Werkstoffauswahl (hinsichtlich Legierungszu-sammensetzung, Herstellung und Verarbeitung) sowie das Maschinendesign spezifisch aufei-nander abzustimmen. Nur im Zusammenspiel, d.h. bei einer anforderungs¬gerechten Werk-stoffentwicklung in Kombination mit einer werkstoffgerechten Auslegung der Maschine, kann eine effektive Minimierung der auftretenden Verluste realisiert werden.
Die Umsetzung dieser Maßnahmen hat maßgebliche Auswirkungen sowohl auf den Produktionsprozess und die verwendete Produktionstechnik als auch auf das Maschinendesign. Darüber hinaus sind komplexe Wechselwirkungen zwischen den Einflussfaktoren zu berücksichtigen (siehe Abbildung).
Bisher wurden nur einzelne Zusammenhänge und Einflussgrößen des Herstellungsprozesses auf die magnetischen Eigenschaften von Elektroblechen untersucht. Aufgrund des interdisziplinären Forschungsfeldes sind die vorhandenen Modelle zudem oft nicht unmittelbar miteinander verknüpfbar.
Ziel der Forschergruppe ist es, die vorhandenen Forschungslücken zu schließen, die prozessbedingten Einflussgrößen auf die Werkstoffeigenschaften von hochsilizierten FeSi-Elektroblechen systematisch zu beschreiben und ein durchgehendes Prozess- und Eigenschaftsmodell zu entwickeln. Die Validierung der Modelle erfolgt anhand einer durchgängigen experimentellen Prozesskette, die von den beteiligten Forschungseinrichtungen aufgebaut wird (siehe Abschnitt "Projekte").